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Wirtschaft von Saudi Arabien

Planstadt Neom, Saudi Arabien: nachhaltige Stadtplanung der Zukunft oder Größenwahnsinn?

In den letzten Monaten schlug ein neues Design für die Planstadt Neom mächtige Schlagzeilen. Der Bau der Megacity „The Line“ in Saudi-Arabien ist schon in vollem Gange. In diesem Artikel erklären wir worum es bei dem Hype um ihre geplante Mega-Stadt Neom geht. Dazu zeigen wir auch wie die Städte in Saudi Arabien die Menschheit in die Zukunft bringen könnten und wessen Blut für die Megastadt vergossen wird.

Was hat es mit der Mega Stadt Neom auf sich?

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman kündigte das Milliardenprojekt erstmals am 24. Oktober 2017 in Riad an. Für die Megacity Neom sehen die Pläne des Kronprinzen ein 26.500 Quadratkilometer großes Gebiet im Nordwesten des Landes am Roten Meer vor. Die Megastadt auf einer Fläche so groß wie Belgien soll, mit der Integration der Inseln Tiran und Sanafir, als Verbindung zwischen Nordafrika und der Arabischen Halbinsel fungieren. Insgesamt finden sich in der Neom Region sehr unterschiedliche Natur- und Ökosyteme: Die Küste mit ihren Inseln, die Wüste sowie das Gebirge um den Dschabal al-Lauz und die weiter im Inland liegenden Täler.

Der Name der Stadt der Superlative setzt sich aus den Teilen „neo“ und „m“ zusammen. „Neo“ stammt aus dem Altgriechischen und steht für das Neue während „m“ (als Abkürzung für das arabische Wort mustaqbal) sich auf die Zukunft bezieht. Der Bau der Megacity hat bereits begonnen, 2030 soll die Stadt fertig sein – oder zumindest große Teile davon.

Neom Landkarte

Die Vision von Neom

Die Vision des Kronprinz Mohammed bin Salman klingt wie aus einen Science Fiction Film: Keine Straßen, keine Autos, keine Emissionen. Zusätzlich verspricht die Ankündigung des Kronprinzen ein ganzjährig ideales Klima und eine nie dagewesene Effizienz der städtischen Infrastruktur, mit einer Hochgeschwindigkeits-U-Bahn und elektrischen Flugtaxis. Die arabische Planstadt soll zu hundert Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt werden, durch ein cleveres Design Müll vermeiden und insgesamt Klima und Umweltfreundlich sein. Laut Kronprinz Mohammed bin Salman sei die Lage der Stadt am Roten Meer nämlich »perfekt«, um Strom aus Wind und Solarkraft zu erzeugen.

Das Vorhaben der Stadt der Superlative an der Küste des Roten Meeres ist ambitioniert: Im Jahr 2026 soll Neom schon 450.000 Einwohner haben, 2030 sollen dann 1,5-2 Millionen und bis 2045 neun Millionen Menschen in der Megacity leben. Ende letzten Jahres wurden schon Pläne für verschiedene Teile der Megastadt vorgestellt. Einige davon sind jetzt im Bau.

Neom Bay: Saudis Tor zur Welt

Die sogennante Neom Bay soll der erste verwirklichte Teil von Neom werden. Bereits zwischen 2015 und 2019 wurde hier ein Internationaler Flughafen in die Wüste gesetzt. Während der ehemalige Militärflughafen jetzt schon Linienflüge nach Riad und al-Wadschh, anbietet ist der Rest der Stadt noch im Aufbau.

The Line: Das Wolkenkratzer-Lineal

Der geplante Stadt-Staat Neom im Nordwesten der Arabischen Halbinsel wurde 2017 um ein neues Design erweitert: The Line. Die Pläne und Werbebilder zeigen ein Gebäude mit glänzender Fassade, dass sich wie eine gerade Linie über 170 kilometer in die Wüste schneidet. Die Maße der Planstadt sind gigantisch: Der Wolkenkratzer „The Line“ soll 500 Meter hoch, nur 200 Meter breit und 170 Kilometer lang werden. Mit einer Größe von nur 34 Quadratkilometern soll The Line ein Zuhause für neun Millionen Menschen bieten.

In der Hightech Stadt soll es den Menschen an nichts fehlen: Der Kronprinz verspricht die Utopie von einer Stadt mit Lebensqualität, Nachhaltigkeit, Attraktion und Tourismus. Alles, was zum Leben nötig ist, soll für die Einwohner zu Fuß in 5 Minuten erreichbar sein. Kühle Gärten, Kulturstätten, Bildungseinrichtungen, Freizeiträume, Sportmöglichkeiten, Arbeitsplätze sind im Konzept integriert. Zudem gibt es in The Line keine Autos und kein Pendeln: Einziger Verkehr besteht aus einem unterirdischen Hochgeschwindigkeitszug, der mit einer Geschwindigkeit von 512 km/h die 170 Kilometer lange Stadt in 20 Minuten von einem Ende zum anderen durchquert. Das unterirdisches Transport- und Versorgungssystem vor („spine“), besteht aus drei Schichten: eine oberirdische für Fußgänger, eine unterirdische für die Infrastruktur und eine weitere unterirdische für den Verkehr, der Hochgeschwindigkeits-U-Bahn und KI-gesteuerten Fahrzeuge.

Beim Megaprojekt The Line steht Technologie im Mittelpunkt: Modernste technische Planungslogistik und eine modulare Bauweise sollen die Bauphase von „The Line“ deutlich verkürzen. Das Projekt Neom steht für eine Revolution in der Stadtplanung. Denn die Stadt soll weitgehend automatisiert gebaut werden. Mit Hilfe von Robotern und Künstlicher Intelligenz (KI) soll das 500 meter hohe Gebäude aus karger Wüste eine blühende Millionenstadt machen. So soll Künstliche Intelligenz (KI) die Städte-Gemeinden zu selbstlernenden Gemeinden machen. Dafür sollen etwa 90 Prozent der verfügbaren Daten dazu genutzt werden, die Infrastruktur von Neom zu verbessern – erheblich mehr als es in anderen Smart Cities der Fall ist.

Wüste in Saudi Arabien

Trojena:

Neben The Line soll die Stadt Trojena, etwa 50 km von der Küste des Golf von Akaba entfernt, einen Gegenpol zu der 500 meter hohen Linie am Meer sein: Hier soll auf einer Höhe von 1.500 bis 2.600 Metern über Meereshöhe eine Stadt mit einer Fläche von 57 km² gebaut werden.

In der Bergregion Trojena soll bis 2026 auch ein großes Wintersportgebiet Platz finden. In künstlichem Schnee sollen dort auch schon in 2029 die Winter-Asienspiele abgehalten werden. Das asiatische Olympia Komitee bestätigte dies im Oktober 2022, noch ehe das Bauprojekt begann.

Was ist das Ziel von Neom?

Mit seinem Plan „Vision 2030” will der Kronprinz eine Revolution im Land hervorrufen und Saudi Arabiens wirtschaftliche Abhängigkeit von Erdöl in eine Klimafreundliche Zukunft führen. Das Megaprojekt Neom soll dabei mehr als 380.000 neue Arbeitsplätze schaffen und umgerechnet rund 40 Milliarden Euro zum BIP beitragen. Der Großteil des 500 Milliarden Dollar Projekts soll durch externe Geldgeber finanziert werden. So hat die erste Bauphase des Projekts rund 319 Milliarden US-Dollar (mehr als 300 Milliarden Euro) gekostet.

Da Solartechnologie und Windkraftanlagen Neom mit Energie versorgen, kann Saudi Arabien unabhängiger von Erdöleinnahmen werden und den Grundstein für die Entwicklung neuer Technologien legen. Kronprinz Mohammed bin Salman hofft insgesamt auf eine Stärkung Landes. Aus den rund 34 Millionen Menschen in Saudi Arabien sollen bis 2040 rund 100 Millionen Menschen werden, die im Königreich leben. Eines der Ziele Neoms ist mehr Bürger, vor allem aus dem Ausland anzuwerben. Schon im Jahr 2030 soll in Neom allein The Line fünf Millionen Touristen anlocken. Dazu wurden eigens 50 Luxus-Resorts und ein Hafen an der Küste des Roten Meeres geplant.

Ab 2025 soll Neom zusätzlich von einer unabhängigen Wirtschaftszone mit eigenen Gesetzen und Steuern profitieren. Im Gegensatz zum Rest Saudi Arabiens müssten sich Frauen dann beim Projekt Neom nicht mehr verschleiern. Ein weiterer Faktor soll vor allem Touristen in die Städte Neoms ziehen: Denn der Verkauf und Konsum von Alkohol soll in der Megacity möglich sein.

Saudi Arabien Grafik

Kritik an der HighTech Stadt Neom

Die Utopie Neom scheint wie aus einem Science Fiction Film, aber sie hat auch Schattenseiten. Vor allem der Bau von The Line zog die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich und viele zweifeln an dem Wunder von Neom. Generell lässt sich Kritik an Neom und The Line in verschiedene Aspekte einteilen: Menschenrechtsverletzung durch Autokraten, Umweltverschmutzung und ob das Projekt überhaupt Realität werden kann.

Menschenrechtsverletzungen unter der Herrschaft von Mohammed bin Salman

Der Kronprinz Saudi Arabiens Mohammed bin Salman gibt sich in den Medien gern als Reformer und Visionär, aber der Autokrat hat buchstäblich auch einige Leichen im Keller. Saudi-Arabien schränkt in vielen Bereichen die Rechte seiner Bürger ein, es gibt kaum Pressefreiheit, immer wieder werden Aktivisten verhaftet und regimekritische Journalisten verfolgt. So soll er im Jahr 2018 für den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi verantwortlich sein und führt seit 2015 Krieg im Jemen.

Die Menschenrechtsorganisation SAJP riet Investoren dazu, sich von dem Projekt Neom fernzuhalten. Denn „Keine Wirtschaft unter einem archaischen und autoritären Regime ist stabil, ethisch vertretbar oder eine Investition wert“. 🌱

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Bildquellen

  • Wirtschaft-von-Saudi-Arabien: iStock/gorodenkoff
  • Neom-Landkarte: iStock/PeterHermesFurian
  • Wueste-in-Saudi-Arabien: iStock/Khalid Alhelali
  • Saudi-Arabien-Grafik: iStock/Ibrahim Jabarin