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Plastik aus Algen, Plastik aus Seetang, Bio-Kunststoffe aus dem Meer

Plastikalternativen: Plastik aus Algen

Plastik ist ein allgegenwärtiges Material unseres täglichen Lebens. Mittlerweile sind die einst so beliebten Kunststoffe aber auch ein großes Problem für die Umwelt, da Kunststoffe nur schwer recycelt werden können und nicht biologisch abbaubar sind. Allein in Deutschland fallen jährlich pro Person etwa 228 Kilogramm Plastikmüll an. Durch neue Innovationen sollen nun Biokunststoffe und Produkte eine Alternative bieten. Eine der Alternativen, die die Forschung in den letzten Jahren hervorgebracht hat, könnte unsere Beziehung zu dem Material von Grund auf ändern: Bioplastik aus Algen und Seetang. In diesem Artikel untersuchen wir, ob Algenplastik eine gute Alternative beim Thema Plastikmüll ist, in welchen Bereichen es Anwendung findet und welche Unternehmen schon heute an Plastikersatzprodukte aus Meeresalgen produzieren.

Meeresalgen, Braunalgen im Meer, Algen ein vielfältiger Rohstoff, CO2 Senken Algen

Biokunststoffe aus Algen – das neue Plastik aus der Natur?

Meist begegnen wir ihnen als grün, glitschig und unliebsam, aber einige Forscher zeigten, dass Algen und Seetang wertvolle Ressourcen beim Thema Plastik-Alternativen sein können. Denn die Pflanzen aus dem Meer sind eine biologische Ressource, die sehr häufig vorkommt, schnell wächst und dabei massig Kohlendioxid bindet. Einige Algenarten können sogar bis zu einem Meter pro Tag wachsen!

So haben sich nun einige Wissenschaftler und Firmen der Mission verschrieben, Plastikverpackungen durch Produkte auf Basis von Algen und Seegras zu ersetzen. Denn die Meerespflanzen sind nicht nur biologisch abbaubar, sondern können auch zur Herstellung von Biokunststoffen verwendet werden. Im Gegensatz zu Plastik gibt das aus Algen gewonnene Material keine Schadstoffe ab und kann darin verpackte Lebensmittel länger haltbar machen. Zusätzlich hat Seetang neben seinen guten Eigenschaften auch einen entscheidenden Vorteil für die Industrie: Die Produktion der Ressource konkurriert nicht mit dem Lebensmittel-Anbau und erfordert keine Düngemittel oder Frischwasser.

Plastik aus Algen in der Forschung, Forschungsprojekte Bioplastik

Bioplastik aus Algen in der Forschung

In Deutschland arbeiten seit einigen Jahren verschiedene Forscher an der Entwicklung von Plastikalternativen aus Seealgen. Einige verwenden Mikroalgen, andere setzen auf Makroalgen, um eine Lösung für das Plastikproblem zu finden. Im Folgenden stellen wir die verschiedenen Ansätze in der deutschen Forschung vor.

Cyanobakterien, Blaualgen belasten bei Überpopulation die Umwelt

Blaualgen-Kunststoff aus Cyanobakterien: Plastik aus Mikroalgen

Im Jahr 2021 ist es einer Forschergruppe der Uni Tübingen erstmals gelungen mit Hilfe von Cyanobakterien kompostierbares Bioplastik herzustellen. Cyanobakterien, sind auch als jene Blaualgen bekannt, deren Überpopulation im Sommer zu Umwelt-Schäden und Badeverboten führen kann. Bei den sonst eher unbeliebten Bakterien wurde aber jetzt ein Potenzial zur Produktion von Bioplastik entdeckt. Denn Cyanobakterien ernähren sich über Fotosynthese und bilden dabei einen „Reservestoff mit plastikartigen Eigenschaften“, so Prof. Karl Forchhammer.

Die Mikroalgen, sogenannte Synechocystis-Bakterien, produzieren nämlich den Kunststoff Polyhydroxybutyrat, kurz PHB. In der Natur ist der PHB-Anteil in den Bakterien mit etwa 10 Prozent jedoch relativ gering. Im Rahmen einer Promotion ist es dem Team um Prof. Karl Forchhammer und Moritz Koch jedoch gelungen, durch Genmodifikation den PHB-Anteil der Bakterien auf 80 Prozent zu steigern. Mit einem solchen PHB-Anteil kommen die Cyanobakterien auch für eine industrielle Produktion und Nutzung als Bio-Kunststoff infrage.

Das Team fand heraus, dass sich aus einem Kilo so gezüchteter Cyanobakterien etwa 800 Gramm Bio-Kunststoff herstellen lassen. Zu herkömmlichen Kunststoff ist das Bioplastik aus Mikroalgen aber noch kein vollständiger Ersatz. Denn die Nutzung dieser Algen-Kunststoffe bietet sich eher für „kurzlebige“ Verpackungen von Lebensmitteln an, so das Forscherteam. Zwar können auch Tüten und Trinkhalme aus dem Cyanobakterien-Kunststoff hergestellt werden, aber noch gibt es keinen industriellen Maßstab, womit das Bioplastik in großen Mengen hergestellt werden kann.

Makroalgen für Bioplastik, Bio-Kunststoff aus Algen und Seetang, Plastikalternativen

Plastik-Verpackungen aus Makroalgen

Auch an der Hochschule Bremerhaven beschäftigt sich ein Forscherteam mit kompostierbaren Verpackungen aus Seetang. In einer Kooperation mit der Fisch-Fastfoodkette Nordsee erarbeiteten die Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts in einem zweijährigen Projekt Bioplastik-Verpackungen, die in Zukunft von dem Industrie-Riesen in seinen Imbissfilialen verwendet werden sollen.

Bei Mak-Pak – so heißt das Projekt der Forscher für nachhaltige Seetang-Verpackungen – wird Bioplastik aus Makroalgen gewonnen. Im Gegensatz zu den einzelligen Mikroalgen, sind Makroalgen die etwas größeren Vertreter der Algenarten. Ein Vorteil der Initiative ist, dass diese Algenarten auch in der Nord- und Ostsee in großen Mengen leben. So schont der Einsatz des Kunststoffs in Deutschland durch kurze Transportwege zusätzlich Rohstoffe und Umwelt.

Nach den ersten Konsumententests im Jahr 2020 optimiert das Unternehmen nun die Prototypen für den Einsatz in der Industrie, bevor die Bioplastik-Verpackungen in den nächsten Jahren auf den Markt kommen.

Unternehmen, die Algen-Plastik herstellen

Nicht nur in Deutschland wird mit Bioplastik und Verpackungen aus Algen experimentiert. Hier zeigen wir einige internationale Unternehmen, die einen wichtigen Teil zur Lösung des Plastikproblems beitragen.

Unternehmen, die Plastik aus Algen herstellen, Herstellung von Bio-Plastik aus Meeresalgen

Notpla: Einwegverpackungen aus Meeresalgen

Das 2014 in London gegründete Unternehmen Notpla hat sich auf Einwegverpackungen spezialisiert und sich zum Ziel gesetzt, 300 Millionen Tonnen Plastikmüll zu reduzieren. Mit einer essbaren und vollständig biologisch abbaubaren Verpackung aus Meeresalgen nutzt Notpla die natürlichen Eigenschaften der Meerespflanzen, um Materialien herzustellen, die keinen Müll verursachen.

Laut dem CEO von Notpla, Pierre-Yves Paslier, haben Algen entschiedene Vorteile: Sie wachsen unglaublich schnell (bis zu einem Meter pro Tag) und können Dinge tun, die herkömmliches Plastik nicht kann. So werden laut Hersteller anstelle von Mikroplastikpartikeln sogar Ballaststoffe und Antioxidantien ans Wasser abgegeben.

Beim Flagschiffprodukt von Notpla „Ooho“ handelt es sich um ein kunsttoffähnliches Gehäuse, dass essbar und innerhalb weniger Wochen Biologisch abbaubar ist. Das Unternehmen machte schon öfter Schlagzeilen und hat seit 2019 über 500.000 Einweg-Plastikverpackungen bei internationalen Großveranstaltungen wie dem London Marathon ersetzt. Hierfür hatte es in Kooperation mit anderen Unternehmen eine essbare Wasser- und Saftflasche entwickelt, die sich nach Gebrauch buchstäblich in Luft auflöst.

Im Jahr 2021 konnte Notpla die erste Seegrasbeschichtung für Kartonverpackungen auf den Markt bringen. Damit sind Notpla-Kartons – im Gegensatz zu herkömmlichen Take-Away-Verpackungen – biologisch abbaubar. Die Notpla-Schachtel kommt nun mit Just Eat Takeaway.com (das britische Pendant zu Liferando.de) in Hunderten von britischen Restaurants zum Einsatz und soll schrittweise auf 26 Länder ausgeweitet werden.

Evoware: Eine CO2-negative Seetang-Verpackung

Die indonesische Firma Evovare hat ein essbares und abbaubares Verpackungsmaterial aus Algen-Biokunststoffen entwickelt. Das Unternehmen wirbt damit, dass ihr Material mehr Kohlendioxid bindet als bei seiner Produktion ausgestoßen wird. Zudem hat das Material die Eigenschaft, sich in heißem Wasser komplett aufzulösen und eignet sich so zum Beispiel als Verpackung für Instant-Nudeln.

Evoware nutzt Seetang aus Indonesien, den es dort im Überfluss gibt. Der Herstellungsprozess erfolgt größtenteils in Handarbeit, wobei das Seegras getrocknet und gepresst wird. Das daraus resultierende einlagige Material ist geruchs- und geschmacklos und ohne Konservierungsstoffe zwei Jahre haltbar. Die Herstellung der Materialien ist hier allerdings noch teurer als die Herstellung von herkömmlichem Plastik und das Bioplastik-Produkt befindet sich, wie viele Verpackungen aus Algen, noch in der Testphase.

Bio-Kunststoffe aus Kelp, Braunalgen als Plastikalternative

Algopack: Eine Kelp-Verpackung

In Frankreich hat das Unternehmen Algopack ein Bioplastik-Produkt aus Braunalgen entwickelt, das für Verpackungen, aber zum Beispiel auch für Kinderspielzeug verwendet wird. Diese Algenart ist vorallem im Meer zu finden und gedeiht in den gemäßigten und kalten Breiten des Atlantiks und Pazifiks. Das genaue Herstellungsverfahren der Materialien will Algopack nicht preisgeben, doch die Algen enthalten Polymerverbindungen, die normalerweise mit Erdöl hergestellt werden.

Umweltfreundliche Algenfarm, Algenanbau bindet CO2, Kohlendioxid senke Algenfarm

Sway: Bio-Kunststoff aus den USA

Auch das kalifornische Start-up Sway arbeitet an einer Lösung für das globale Plastikproblem. Das Seetang-Plastik von Sway soll nicht nur biologisch abbaubar, sondern auch dabei helfen, das Ökosystem der Meere zu regenerieren.

Seealgen sind bekanntlich eine schnell nachwachsende Ressource, die etwa 60-Mal schneller wächst, als vergleichbare Pflanzen an Land. Zudem kann eine Seealgenfarm das zwanzigfache an CO2 speichern, wie die gleiche Fläche an Wald, so die Webseite des Unternehmens. Das Besondere am Bioplastik von Sway: Laut Hersteller können in der Produktion herkömmliche Maschinen genutzt werden, sodass Menschen zur Produktion keine neuen Maschinen mehr anschaffen müssen.

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Quellen:

Uni Tübingen:

Tim Orthwein, Jörg Scholl, Philipp Spät, Stefan Lucius, Moritz Koch, Boris Macek, Martin Hagemann, Karl Forchhammer. The novel PII-interactor PirC identifies phosphoglycerate mutase as key control point of carbon storage metabolism in cyanobacteria. PNAS February 9, 2021 118 (6) e2019988118; https://doi.org/10.1073/pnas.2019988118 

Koch M., Bruckmoser J., Scholl J., Hauf W., Rieger B., Forchhammer K. Maximizing PHB content in Synechocystis sp. PCC 6803: a new metabolic engineering strategy based on the regulator PirC. Microb Cell Fact 19, 231 (2020). https://doi.org/10.1186/s12934-020-01491-1 

https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/cyanobakterien-koennten-die-plastikindustrie-revolutionieren/

Nordsee: https://www.nordsee.com/de/ueber-uns/presse/pressemitteilungen/detail/news/mak-pak-nachhaltige-verpackungsloesungen-aus-makroalgen-2/

Notpla: https://www.notpla.com/

Evoware: https://rethink-plastic.com/home/about-us

Algopack: https://www.algopack.com/en/

SWAY: https://swaythefuture.com/

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Bildquellen

  • Plastikalternativen aus Algen: iStock/richcarey
  • Algen, ein vielfältiger Rohstoff: iStock/inusuke
  • Blaualgen auf dem Meer: iStock/авторские
  • Forschung an Makroalgen: iStock/greenleaf123
  • Unternehmen experimentieren mit Algenplastik: iStock/Toa55
  • Plastik aus Braunalgen: iStock/MarcoAMazza
  • Algenfarm: iStock/EcoPic