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Stadt der Zukunft im Meer

Schwimmende Städte: Zukunft oder reine Utopie?

Visionen von Schwimmenden Städten und einem permanenten Lebensraum für Menschen auf dem Meer waren lange Zeit Domäne der Sci-Fi-Autoren und Architekten. Im Rahmen der UN-Habitat New Urban Agenda könnten sie aber in naher Zukunft Realität werden. Im Rahmen des Horizon 2020 Projekt für Forschung und Innovation beteiligt sich auch die Europäische Union an den Plänen der Vereinten Nationen. In diesem Artikel erklären wir verschiedene Projekte, die sich neuem Wohnraum auf den Ozeanen der Welt widmen.

Schwimmende Stadt in Südamerika

Die Schwimmende Stadt: Eine Antike Idee

Menschen leben schon immer gerne am Wasser: Nicht umsonst entstanden die ersten Städte an den Flüssen und Meeren der Erde. Auch heute wohnt rund 40 Prozent der Menschheit weniger als 100 Kilometer von der Küste entfernt und etwa zehn Prozent der Weltbevölkerung lebt in Regionen, die höchstens vier Meter über dem Meeresspiegel liegen- tendenz steigend.

Die Idee von Siedlungen auf dem Wasser ist aber schon uralt. Die ersten schwimmenden Städte errichteten die Soi Nhu schon vor ca. 7000 Jahren in der Halong-Bucht in Vietnam. Auch in Südamerika besiedelte das Volk der Uru schon vor etwa 3,700 Jahrenden Titicacasee im heutigen Peru auf künstlichen schwimmenden Wohn-Inseln.

Mit Science-fiction Romanen, wie Die Propellerinsel von Jules Verne, fasst seit Mitte des 19ten Jahrhunderts der Traum von der schwimmenden Stadt auch im Westen Fuß. Durch das Voranschreiten des Klimawandels hat sich das Interesse an einem nachhaltigen Lebensraum auf dem Wasser erneuert und seit den 1950er Jahren arbeiten Architekten und Visionäre an der Realisierung einer schwimmenden Stadt.

Halon Bucht

UN Habitat-Pläne für schwimmende Städte

Im Jahr 2019 rief das Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen eine Diskussionsrunde mit Architekten, Designern, Wissenschaftlern des MIT und Unternehmen, wie Oceanix ins Leben. Mit dem Schwerpunkt zukunftsorientierte nachhaltige Städte auf dem Wasser zu entwickeln, will die UN proaktiv an einer Lösung für urbane Infrastruktur und die Eindämmung der Bedrohungen durch den Klimawandel in städtischen Gebieten arbeiten. Dabei liegt der Fokus der Zusammenarbeit darauf bezahlbaren Wohnraum zu schaffen der für Menschen auf der ganzen Welt zugänglich und umsetzbar ist. In New York testen die Entwickler nun verschieden Prototypen.

Denn der steigende Meeresspiegel ist ein globales Problem. Selbst die optimistischsten Prognosen des Weltklimarates schätzen 2100 der Pegel der Meere etwa 30 bis 60 Zentimeter höher ein als heute. Experten, wie Architekt Bjarke Ingels nehmen an, dass schon bis 2050 mehr als 80% der Metropolen in Küstenregionen vom steigenden Meeresspiegel betroffen sein werden. Mit diesem rasanten Anstieg erhöht sich auch das Risiko von Überschwemmungen durch Sturmfluten, Erosion und Versalzung des Grundwassers auf dem Festland.

Die Oceanix-City auf dem Wasser: Plattformen sollen Menschen vor Naturkatastrophen schützen

Eine der vielversprechendsten Ideen des Projekts stammt von den dänischen Stararchitekten der Bjarke Ingels group und Oceanix, ein „BlueTech“ Unternehmen der Gründer Itai Madamombe and Marc Collins Chen. Das Konzept der schwimmenden Stadt „Oceanix City“ soll etwa 10.000 Einwohner auf modularen Plattformen beherbergen.

Die modularen Strukturen und Konstellationen der Plattfomen können den gesamten Versorgungskreislauf der Menschen stämmen und sich an die Bedürfnisse ihrer Bewohner anpassen. Bei der autarken Stadt auf dem Ozean wurde an alles gedacht: Wind- und Solaranlagen auf den Dächern der Häuser liefern Energie, Gewächshäuser und aeroponische Farmen erzeugen Nahrung, Regen- und Salzwasseraufbereitungsanlagen garantieren die Trinkwasserversorgung und ein ausgeklügeltes Kreislaufsystem vermeidet Abfall. Auch die Plattformen selbst sollen aus nachwachsenden Materialien wie Biorock bestehen: Durch elektrische Ströme wird bei Biorock der natürliche Prozess der Mineralien-und Kalkablagerung im Meer beschleunigt, was die Widerstandsfähigkeit der Plattformen erhöht und Verschleiß repariert.

Die Einwohner von Oceanix City sollen auf modernen Komfort nicht verzichten müssen, jedoch bei einem Leben auf der Plattform muss Nachhaltigkeit im Fokus sein. So wird zum Beispiel hoher Fleischkonsum zur Vergangenheit, denn schließlich sollen alle Nahrungsmittel direkt in der Stadt produziert werden. Auf dem Speiseplan stehen desshalb vor allem Obst und Gemüse sowie Meeresfrüchte, Algen und Fisch. Auf diese Weise soll die Stadt autark und nachhaltig zugleich sein.

Die Oceanix Stadt auf dem Meer soll zudem Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Tsunamis und Hurrikans standhalten können. Laut der Vereinten Nationen können schwimmende Städte so die Menschen vor dem Anstieg des Meeresspiegels schützen. Nicht nur für die Menschen auf der Wasseroberfläche bietet Oceanix-City Platz: Denn die Plattformen auf dem Meer schaffen auch neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen im Wasser und am Meeresgrund.

Im Überblick: Vorteile und Herrausforderungen für die Stadt auf dem Wasser

Obwohl die schwimmende Stadt schon längst technisch machbar ist, gibt es noch einige Hindernisse bevor aus dem Prototyp eine Wirklichkeit werden kann. Vor allem rechtlich gesehen stellen sich kleine Details als Problem heraus: Häuser auf dem Wasser haben derzeit nicht den selben Status als Immobilien an Land. Das Konzept des Nationalstaats, das Staatlichkeit, Territorium und Volk als untrennbare Elemente sieht, wird durch eine freischwimmende Stadt infrage gestellt. Denn internationale Gewässer gehöhren nicht zu einem Land. Bei Themen wie Rechtsprechung und Nationalität der See-Bewohner gibt es desshalb noch erhelblichen Bedarf an Entwicklung.

Ein Vorteil der maritimen mobilen Stadtteile hingegen ist, dass schwimmende Gebäude dorthin verschoben werden können, wo sie am besten zu nutzen sind. So könnten Metropolen zum Beispiel ein Olympiastadion einfach leasen und auf immense Baukosten verzichten. Ein weiterer Aspekt ist das schwimmende Städte dem Mensch mehr Freiheit geben könnte. So könnte man zum Beispiel alternative Regierungsansätze ausprobieren oder bei politischer Unzufriendenheit einfach woanders hin schwimmen.

Der steigende Meeresspiegel bedroht schon heute die Malediven

Niedrig liegende Inseln wie die Malediven kämpfen schon heute mit den Folgen des Klimawandels: Denn die Malediven liegen nur ganz knapp über dem Meeresspiegel, kaum 1,5 Meter sind es im Durchschnitt. Um die Bewohner der Inseln vor dem Versinken zu schützen, ist nun der Bau einer schwimmenden Stadt für 20.000 Personen in den Gewässern der Lagune der Hauptstadt Malé geplant. Dabei will man nicht mehr in die natürliche Küstenlinie eingreifen und im Bau sowie Betrieb einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck achten. Die bauliche Umsetzung des Projekts wird in Kollaboration mit dem Unternehmen „Dutch Docklands“ und dem Architekten-Büro Waterstudio.nl aus den Niederlanden durchgeführt. Ein Teil der Stadt auf dem Wasser soll dieses Jahr schon die ersten Bewohner willkommen heißen. Bis 2027 will man das komplette Projekt abschließen.

Schwimmende Stadt der Zukunft

Space@Sea: Europa auf dem Meer

Mit Space@Sea beteiligt sich auch die Europäische Union am Schutz der Menschen in Küstennähe. Durch das im Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 unterstütze Projekt Space@Sea, arbeiteten Forscher am Fundament des Europas der Zukunft. Mit insgesamt 17 Europäischen Partnern sammelte die Initiative mehr Daten über die Funktionalität und Umsetzbarkeit einer schwimmende Stadt.

In Space@Sea wurden vier Anwendungen untersucht: Landwirtschaft, Transport- und Logistikzentrum, Energiezentrum und Wohnen. Um das Potenzial modularer schwimmender Plattformen mit Mehrfachnutzung aufzuzeigen, untersuchte Space@Sea im ersten Schritt Anwendungskombinationen für verschiedene Standorte in Küstennähe in ganz Europa. Diese vier deutlich unterschiedlichen Anwendungen haben alle unterschiedliche Anforderungen an die schwimmende Plattform, was die Experten dazu bewegte einen Grund-Floater zu entwickeln.

Ob als Erweiterung der Küstenstädte, wie in Amsterdam und im Hafen von Rotterdam in den Niederlanden, oder einem schwimmenden Offshore-Hub der bei Überflutung als Katastrophenhilfe fungiert, die Plattformen der schwimmenden Städte haben viel Potenzial – und je mehr wir jetzt an den Problemen von Morgen arbeiten, je besser können wir unsere Küsten und Menschen schützen. 🌱

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Bildquellen

  • Stadt-der-Zukunft-Meer: iStock/3000ad
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