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Weltraummüll in der Erdumlaufbahn

Weltraummüll: Wie belastet Raumfahrt unsere Umwelt?

Seit die Raumfahrt im Jahre 1957 begann, haben etwa 6.250 Raketen unsere Erde verlassen und über 13.630 Satelliten in unsere Erdumlaufbahn gebracht. Aber was passiert mit einem Satelliten wenn er nicht mehr funktioniert? Welche Auswirkungen hat Müll im All auf unsere Umwelt hier auf der Erde? In diesem Artikel erklären welche Gefahren Weltraummüll birgt und wieso Schrott im Weltall in Zukunft zu einem großen Problem werden könnte.

Was ist Weltraummüll ?

Mit Weltraummüll bezeichnet man menschengemachte (Abfall-) Gegenstände im All, die sich in Umlaufbahnen um die Erde bewegen. Darunter fallen unter anderem Raketenstufen, Treibstofftanks sowie ausgediente Satelliten. Laut der ESA, ein Teil der Europäischen Raumfahrtbehörden, die die Bewegungen von Weltraumschrott beobachten, hat dieser Müll insgesamt ein Gewicht von mehr als 10.100 Tonnen.

Im Jahr 2021 waren etwa 36.500 dieser Teile größer als 10 cm und somit gut von der Erde aus zu beobachten. Anhand statistischer Daten berechneten Wissenschaftler die Anzahl an kleineren Teilen in unserer Erdumlaufbahn: So gibt es zusätzlich noch etwa eine Million Teile, die größer als ein Zentimeter und etwa 130 Millionen Teilchen, die zwischen einem Millimeter und einem Zentimeter groß sind. Eine Quelle für Daten über die Verteilung des Mülls im All sind Satellitenoberflächen. So wurden beispielsweise auf den Solarzellen des Hubble-Weltraumteleskops eine Vielzahl an Einschlagkratern erfasst und ausgewertet.

Die Dichte des Weltraummülls, also die Teilchenanzahl pro Kubikkilometer, ist im Erdorbit nicht überall gleich. Die Teilchenzahl variiert mit Höhe und Größe. Generell entsteht aber der meiste Weltraummüll dort, wo am meisten Raumfahrt-Aktivitäten stattfinden. Die größte Dichte an Müll findet man deshalb in 800 bis 900 Kilometern über der Erde. In dieser Umlaufbahn bewegen sich auch die meisten Aufklärungssatelliten, wie zum Beispiel der europäische Umweltsatellit Sentinel-5P.

Die Internationale Raumstation ISS umkreist unseren Planeten auf einem niedrigen Orbit von rund 350 km Höhe. In diesen niedrigeren Umlaufbahnen ist die Dichte des Weltraummülls weniger als ein Zehntel der Dichte in einer Entfernung von 900 km. In Orbits unterhalb von 400km verglüht der Weltraummüll auch innerhalb einiger Jahre in der Erdatmosphäre.

Kaputter Satellit

Wie viele kaputte Satelliten gibt es im All?

Seitdem der erste Satellit Sputnik 1 im Jahre 1957 ins All geschossen wurde, sind rund 13.630 weitere hinzugekommen (Stand 2022). Laut der Europäischen Raumfahrtbehörde (ESA), sind davon noch etwa 8.850 im Weltraum. Die Daten der ESA zeigen, dass davon nur noch etwa 6.300 Satelliten funktionsfähig sind. Aber was passiert mit den ausgedienten Satelliten? Momentan sind die Kosten für ihre Entsorgung noch zu hoch und durch fehlende Regulierung von Objekten im Weltraum bleibt Müllvermeidung im All derzeit noch freiwillig.

Ist Weltraummüll eine Gefahr für die Raumfahrt und unsere Umwelt?

Folgen für die Raumfahrt

Im Allgemeinen ist das Risiko von herumfliegenden Weltraumtrümmern erschlagen zu werden derzeit noch nicht sehr groß. Jedoch kommt es relativ häufig zu Einschlägen von Kleinstpartikeln (bis zu einem Millimeter Durchmesser) auf Satelliten, die bis jetzt jedoch keinen oder nur einen sehr geringen Effekt auf die Raumschiffe haben. Die Schrottteile bewegen sich dennoch mit enormer Geschwindigkeit durch den Weltraum: Selbst ein Einschlag eines kleinen Objekts mit einer Differenzgeschwindigkeit von bis zu 56.000 km/h kann großen Schaden anrichten. So schätzen Experten, dass ein 1 cm großes Teil die Zerstörungskraft einer Handgranate besitzt.

Die ISS ist so ausgelegt, dass sie Einschlägen von Weltraummüllteilen von bis zu etwa einem Zentimeter Durchmesser standhalten kann. Nach Bewertung der NASA sind jedoch Spuren von Einschlägen millimetergroßer Teile an der Internationalen Raumstation fest zu stellen. Befindet sich die Station auf Kollisionskurs mit einem größeren Weltraumtrümmer, dann muss die ISS ein Ausweichmanöver durchführen. Solche Ausweichmanöver mussten schon mehr als 25 Mal durchgeführt werden, unter anderem mithilfe von Satelliten wie Sentinel-5P oder den deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X und Tandem-X. Dies ist nicht nur Ressourcen-, Energie- und Kosten-intensiv für die Raumfahrtunternehmen, sondern stellt auch eine zusätzliche Bedrohung für die Astronauten auf der Station dar.

Das Kessler-Syndrom: Wenn Trümmerteile im All kollidieren

Schon im Jahr 1978 hatte der Astronom und NASA-Mitarbeiter Donald Kessler vor der Zunahme kleiner Objekte durch zufällige Kollisionen im All gewarnt. Seine statistischen Berechnungen zeigen, dass wenn die Zahl der Objekte so stark ansteigt, dass Zusammenstöße unvermeidlich werden, eine Kaskade weiterer Kollisionen ausgelöst wird. Das nach ihm benannte Kessler-Syndrom führte zu einigen Szenario-Modellen, bei denen Raumflüge und der Betrieb von Satelliten in einer solchen Schrottwolke unmöglich werden. Wenn die Zahlen der Raketenstarts und Satelliten im Weltraum in Zukunft noch weiter wachsen, bleibt dies nur eine Frage der Zeit.

Es gibt bereits Daten und Zahlen zu solch einer Kollision: Am 10. Februar 2009 traft der aktive amerikanische Kommunikationssatellit Iridium 33 mit einer Geschwindigkeit von 42.120 km/h auf einen abgeschalteten russischen Satelliten Kosmos 2251. Die Kollision hinterließ über 2.200 Fragmente größer als 10 cm und unzählige kleinere Teilchen.

Satellit verglüht

Was passiert wenn Weltraummüll auf die Erde fällt?

Beim Eintritt von Trümmerteilen, eines Satellites oder einer Raketenoberstufe in die Erdatmosphäre, verglühen abhängig von Material und Struktur typischerweise 60 bis 90 Prozent ihrer Masse. Laut der Europäischen Raumfahrtunternehmen verglühen pro Woche etwa ein Objekt von über einem Meter, und jeden Tag etwa zwei kleinere Objekte in unserer Atmosphäre. Größere Trümmer, die den Wiedereintritt überstehen, könnten aber beim Auftreffen auf die Erdoberfläche zu Schäden führen. Trotz einer großen Zahl von Wiedereintritten jedes Jahr wurden bis jetzt weniger als 250 Überreste gefunden.

Da etwa 75% der Erdoberfläche von Meeren bedeckt sind, sind dort wahrscheinlich auch die meisten Trümmer niedergegangen. Die ESA schätzt daher das Risiko für Menschen an einem Blitzschlag zu sterben als 60.000-mal wahrscheinlicher als von wiedereintretenden Weltraummüll getroffen zu werden.

Wie lange bleibt Weltraumschrott im Erdorbit?

Ein Problem von Weltraumschrott ist die lange Verweildauer der Objekte im All. In 400 Kilometern Höhe hält sich ein Objekt etwa 1 Jahr. Zum Beispiel hat eine Astronautin der ISS bei einer ihrer Missionen im November 2008 eine Werkzeugtasche in etwa 350 km Bahnhöhe verloren. Weniger als ein Jahr später, am 3. August 2009, konnten Wissenschaftler den Eintritt des Objekts in die Atmosphäre beobachten.

Generell gilt, je weiter der Orbit der Objekte, je länger ihre Lebensdauer: So bleiben Trümmer im Orbit von 600 km rund 25 Jahre, und in 800 km Höhe etwa 200 Jahre bestehen.

Was kann man gegen Weltraumschrott tun?

Eine wichtige Maßnahme gegen Weltraumschrott ist, ihn gar nicht erst entstehen zu lassen. Zwar gibt es bis heute kein bindendes internationales Gesetz zur Müllentsorgung oder -prävention im All, aber einige Maßnahmen gelten als international anerkannt:

  • Beseitigung von Gefahrenquellen für unbeabsichtigte Explosionen (beispielsweise die Entleerung von Kerosin- und Treibstoff-Resten aus Tanks der Raketenantriebe),
  • Keine absichtliche Zerstörung von Raketen und Raumfahrzeugen
  • Aufenthaltsdauer in den für die Raumfahrt wichtigen Orbitregionen zu begrenzen.
  • Keine unnötige Freisetzung von Objekten im Orbit

Verschiedene Gremien der Raumfahrtnationen, wie die Internationale Organisation für Normung (ISO), der Ausschuss für die friedliche Nutzung des Weltraums der Vereinten Nationen (UNCOPUOS), sowie das Inter-Agency Space Debris Coordination Committee (IADC), arbeiten durch Daten- und Wissensaustausch an verschiedenen weiteren Maßnahmen um Schrott im Weltraum zu minimieren. In Deutschland ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) für das Thema Weltraummüll zuständig

Raumstation im All

SpaceX-Rakete, Weltraumtourismus und Co: Die Zukunft des Menschen im All?

Im Jahr 2019 machte der Start der ersten Rakete mit den Satelliten des amerikanischen Raumfahrtunternehmen SpaceX weltweite Schlagzeilen. Dieses Jahr plant das Unternehmen noch 5 weitere Raketenstarts, die weitere Satelliten in Umlaufbahnen um unseren Planeten bringen. SpaceX will insgesamt zwischen 12.000 und 30.000 Satelliten in den Orbit befördern, um eine weltweite Nutzung des Internets zu ermöglichen. Abgesehen von der schlechten CO2 Bilanz der Raketenstarts laufen wir damit auch Gefahr noch mehr Weltraumschrott zu verursachen.

Ähnlich sieht es bei Projekten des Weltraumtourismus aus. Lange war die Reise ins All ein Privileg der Astronauten, die in ihrem Raumfahrzeug den Weltraum und den Mond studierten. Jetzt bieten auch Superreiche wie Jeff Bezos einen Platz in seiner privaten Rakete an: zu einem satten Preis von 200.000 bis 300.000 Dollar. Noch ist dieser Traum vom Weltraumtourismus für wenige Menschen erreichbar.

Jedoch arbeiten verschiedene Raumfahrtunternehmen schon heute am Ausbau kommerzieller Weltraum-Flüge mit denen in Zukunft jeder Mensch ins All gelangen könnte. Das US-Unternehmen Orbital Assembly plant nämlich schon 2027 das allererste Weltraumhotel in Betrieb zu nehmen. Der Zeit gibt es noch keine Daten zum Einfluss des Hotelbetriebs im niedrigen Orbit, jedoch warnen Wissenschaftler davor, dass der Weltraumtourismus drastische Folgen für die Ansammlung von Müll im Weltraum haben könnte. 🌱

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Bildquellen

  • Weltraummull-in-der-Erdumlaufbahn: iStock/johan63
  • Kaputter-Satellit: iStock/3DSculptor
  • Satellit-verglueht: iStock/PaulFleet
  • Raumstation-im-All: iStock/mik38