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Plastikalternativen aus Hanf. Alternativen zu Plastik aus Hanf, Biokunststoffe aus Hanf

Plastikalternativen: Plastik aus Hanf

Aufgrund seiner Verbindung zu illegalem Drogenkonsum hatte die Pflanze lange einen schlechten Ruf, aber seit einigen Jahren weckt Hanf erneut das Interesse von Wissenschaftlern. Denn das Material hat das Potenzial als Alternative zu Plastik unsere Kunststoff-Industrie zu revolutionieren. In diesem Artikel erklären wir wieso sich der Rohstoff als Alternative zu Erdöl-basierten Kunststoffen eignet, welche Unternehmen schon heute auf Hanfprodukte setzen und wie das Material unsere Umwelt retten könnte.

Rohstoff Hanf, Textilien und Plastikalternativen

Plastik auf Hanfbasis: ein alter Rohstoff rettet die Zukunft

Die Pflanze, die heute als potenzielle Lösung für das globale Plastikmüll-Problem gepriesen wird, begleitet die Menschheit schon seit über 8000 Jahren. Denn Hanf ist eine der ersten Pflanzen in der Geschichte, die von Menschen kultiviert wurde und in verschiedenen Lebensbereichen verwendet wurde. So fand das Material schon seit Jahrtausenden wegen seiner besonderen Eigenschaften Verwendung in unzähligen Produkten wie Lebensmittel, Textilien und sogar Medikamenten.

Im Gegensatz zur geläufigen Annahme enthält Nutzhanf so gut wie kein THC (0,3 % oder weniger) und kann seine Nutzer nicht high machen. Denn Hanfpflanzen sind überwiegend männlich, das heißt, sie bilden keine Blüten. Jedoch kann praktisch jeder Teil der Pflanze verarbeitet werden. Aus der äußeren Bastfaser des Stängels lassen sich Textilien, Segeltuch und Seile herstellen, während der holzige Kern – die Hanfschäben – für Papier, Bauzwecke und als Einstreu für Tiere verwendet wird.

Nicht zu vergessen sind die Samen, die reich an Proteinen, Ballaststoffen, Omega-3-Fettsäuren und anderen Nährstoffen sind. Hanf-Öl kann für Farben, Klebstoffe, zum Kochen und für Kunststoffe verwendet werden. Sogar die Blätter können gegessen und zu Saft verarbeitet werden. Auch Hanfplastik ist kein neues Produkt. Vor dem Marihuana Tax Act von 1937 war Hanfplastik eine wachsende Industrie, und selbst nach dem Verbot wurden bis Mitte der 1940er Jahre weiterhin Produkte aus Hanfplastik hergestellt.

Für die Produktion der allerersten Kunststoffe war nämlich Hanf wegen seines hohen Zellulose-Anteils unverzichtbar. In den USA der 1930er arbeitete der Autohersteller und Visionär Henry Ford daran, ein Auto aus Hanffasern auf den Markt zu bringen. Auch während des Zweiten Weltkriegs wird in den USA der Hanfanbau gefördert. Jedoch markierte der Krieg einen Wendepunkt in der Geschichte des Hanfs.

Denn die weit verbreitete Verwendung von Hanf während des Krieges führte zu einer Gegenreaktion der Prohibitionisten. Nach dem Krieg wurde desshalb der Hanfanbau erneut verboten, und die Dämonisierung von Cannabis unter dem Namen „Marihuana“ sorgte dafür, dass Hersteller den Anbau von Industriehanf in einem Großteil der Welt einstellten. Eine der Folgen dieses Verbots war, dass Forschung und Innovationen im Bereich Hanfplastik ins stocken gerieten und die Entwicklung von Polymer-Kunststoffen mehr Aufmerksamkeit bekam.

Seit 2000 sorgte die Legalisierung der Hanfpflanze in den USA für erneutes Interesse an Materialien und Produkten aus Hanffasern. Zwar ist die Forschung an Hanf Kunststofftechnik noch rund 80 Jahre im Rückstand, aber in Zukunft könnten Biokunststoffe aus Hanf eine Lösung zu Mikroplastik und auf Erdöl-basierenden Polymeren darstellen.

Vorteile von Plastik auf Hanfbasis

Vor allem bei Thema Nachhaltigkeit überzeugt Hanfplastik dank seiner vielen Vorteile. Da das Material biologisch abbaubar ist und positive Auswirkungen auf die Umwelt hat, ist es einer der besten Alternativen für herkömmliche Kunststoffe.

Ein großer Vorteil von Hanf ist, dass es eine erneuerbare Ressource ist und im Wachstum eine große Menge an Kohlenstoff (CO2) bindet. Damit wirkt Hanfanbau neben der Entstehung von Plastikmüll auch dem Treibhauseffekt und der Klimakrise entgegen und hat einen positiven Einfluss auf Luft und Umwelt. Zudem hat ein Hanffeld positive Auswirkungen auf den Boden um sich herum. Denn die tiefen Wurzeln der Pflanze beugen Bodenerosion vor und reduzieren die Verschmutzung von (Grund-)Wasser. Da Hanf nur eine geringe Menge an Dünger, sowie keine Herbizide oder Pestizide benötigt zeichnet sich auch der Hanfanbau durch wenig Aufwand und eine geringe Umweltbelastung aus.

Auch im Vergleich mit anderen Pflanzen schneidet Hanf positiv ab: Denn andere organische Rohstoffe, wie Baumwolle wachsen nur in bestimmten geographischen Regionen oder haben begrenzte Anwendungen. Bei Hanf ist das nicht der Fall, denn es kann fast überall wachsen. Darüber hinaus hat Hanf ein enormes Produktionspotenzial: Das US Department of Agriculture nennt die Papier-Herstellung als eines der vielen Beispiele dafür. So soll aus einem Hektar Hanf vier Mal mehr Papier produzieren werden können als aus einem Hektar Bäumen. Aber auch andere Hanfprodukte wie Textilien, Hanfplastik oder Baumaterialien aus Hanf sind herkömmlichen Produkten in vielen Bereichen überlegen.

Werden Hanffasern zu Plastik verarbeitet, sind die daraus gefertigten Produkte biologisch abbaubar und brauchen für ihre vollständige Zersetzung nur etwa sechs Monate. Im Gegensatz zur herkömmlichen Plastikflasche werden beim Abbau von Bio-Polymeren keine schädlichen Stoffe wie, zum Beispiel Bisphenol A (BPA) freigesetzt. BPA ist ein sogenannter endokriner Disruptor der laut einer Studie der Universität zu Köln zu gesundheitlichen Schäden, wie einem geschwächten Immunsystem, Diabetes und sogar Krebs führen kann. Durch Plastikabfall in der Umwelt und den Meeren gelangt es in Form von Mikroplastik in die Nahrungskette. Laut einer Studie der Stanford University sind beim Großteil der Amerikanischen Bevölkerung schon heute Spuren dieser Kunststoffverbindungen festzustellen.

Anbau von Hanf braucht wenig wasser oder Dünger

Wie wird Hanfplastik hergestellt?

Zellulose (C6H10O5) ist ein Hauptbestandteil der pflanzlichen Zellwände in Bäumen und Pflanzen und das am häufigsten vorkommende organische Polymer auf unserem Planeten. Zellulose wird normalerweise zur Herstellung von Papier verwendet. Sie kann aber auch zur Herstellung in der Kunststoffindustrie verwendet werden.

Bei Hanf wird die Zellulose aus der Pflanze extrahiert und kann zum Beispiel zur Herstellung von Zellophan, Viskose und Zelluloid verwendet werden. Die Fasern werden dabei aus den Hanfstängeln entfernt und der restliche Teil, der zu 77 % aus Zellulose besteht, kann dann zu unterschiedlichen Materialien weiterverarbeitet werden. Im Vergleich zu Holz (rund 40%) ist Hanf Cellulose deutlich ergiebiger. In der Natur ist Hanf ein schnellwachsendes Unkraut, dass im Anbau wenig Wasser und Pestizide benötigt, und sich somit hervorragend eignet um Biokunststoffe herzustellen.

Das daraus resultierende Hanfplastik ist zudem leicht, biologisch abbaubar und kann als nachhaltige Alternative zu petrochemischem Kunststoff (Kunststoff auf Erdölbasis) dienen. Das widerstandsfähigste Hanfplastik ist auch bis zu 5-mal härter als Kunststoffe aus Öl und synthetischen Fasern. Andererseits kann man Plastik auf Hanfbasis auch in verschidene Formen bringen und als Ersatz für biegsamen Thermoplast-Kunststoff verwenden.

Welche Anwendungen hat Hanf-Kunststoff ?

Mittlerweile sind die Forschung und Innovationen in vollem Gange und eine immer größer werdende Produktvielfalt etabliert sich als Alternative zu herkömmlichem Plastik.

Das Hanf-Auto von Henry Ford

Das Potenzial von Hanfplastik zeigte 1941 erstmals das Hanf-Automobil von Visionär Henry Ford. Die Karrosserie des Prototyp-Wagens bestand aus einem Biokomposit, aus einem Harzbindemittel und 70 % Stroh, Sisal und Hanffasern. Um Zweifel an der Widerstandsfähigkeit dieser Hanfkunststoffe zu zerstreuen, schlug Henry Ford mit einem Baseballschläger auf das Auto ein. Es gelang ihm nicht, eine Delle zu erzeugen, denn das Auto aus Hanffasern konnte zehnmal stärkeren Stößen standhalten als herkömmliche Stahlautos. Zudem war der Prototyp auch rund 450kg leichter.

Heute setzen große Automobilhersteller wie BMW, Mercedes, Chrysler, Volkswagen, Audi, Peugeot, Volvo, Porsche und auch Ford auf Hanfplastik in einigen Autoteilen ihrer Fahrzeuge. So werden zum Beispiel Innenräume mit Hanffaserplatten ausgestattet. In einigen Autoteilen von Peugeot und Volvo kommen Verstärkungsfasern aus Hanf in Türen, Kofferraumdeckeln und Motorhauben zum Einsatz um Gewicht zu sparen.

Surfboard aus Hanffasern

Auch im Sport wird Hanffaser gern als Ersatz Glasfaser verwendet. So werden in der Herstellung von Surfbrettern immer häufiger Hanfkunststoffe eingesetzt. Damit werden die Better nicht nur wesentlich leichter, flexibler und widerstandsfähiger sondern sind auch umweltfreundlicher für die Meere. Viele Sportler beteuern, ein Surfbrett aus Hanf hat im Unterschied zu Brettern aus fossilen Materialien auch einen deutlich besseren Grip und Auftrieb.

Andere häufige Anwendungen für Hanfplastik sind:

  • Elektronik
  • Behältnisse
  • Spielzeug
  • Kosmetika
  • Flaschen
  • Taschen
  • Boote
  • Möbel

Ist Hanfplastik die Zukunft?

Trotz seiner äußerst positiven ökologischen Eigenschaften ist Hanfplastik heute noch eine kleine Industrie. Produkte auf Hanfbasis, wie z. B. DVD Hüllen, Autoteile und Möbel, finden ihren Weg in den Handel, trotz der rechtlichen Hindernisse, die in vielen Ländern den heimischen Anbau von Industriehanf verhindern. Auch in Deutschland ist der Hanfanbau innerhalb des Betäubungsmittelgesetzes derzeit noch streng geregelt.

Auch wenn Hanfplastik durch viele Anwendungen überzeugt, kann die heutige Technologie noch nicht mit den derzeitigen Materialien wie PET konkurrieren, was Preis und Leistung angeht. Dies liegt auch daran, dass durch Bewirtschaftungsverbote vieler Länder ein Forschungsrückstand von etwa 80 Jahren besteht. Infolgedessen sind Kunststoffe aus Hanf trotz ihrer zahlreichen Vorzüge immer noch weitgehend ein Luxusgut. Aufgrund der begrenzten Produktionskapazitäten sind sie nach wie vor teurer als ihre auf fossilen Brennstoffen basierenden Gegenstücke.

Dennoch beginnen Unternehmen auf der ganzen Welt, sich ernsthaft mit dem Potenzial von Hanf als profitable Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen für eine umweltfreundliche Produktion auseinanderzusetzen. Dadurch wird auch vermehrt wird in Forschungsprojekte mit dem Ziel traditionellen Kunststoffe zu ersetzen, investiert. Diese Zuwendung zu Stoffen, die Plastik ersetzen und Kohlenstoff (CO2) binden können, ist nicht zufällig. Denn das erste Unternehmen, dass ein kommerziell tragbares Produkt auf Basis von Hanffasern oder -zelluloid auf den Markt bringt, kann nicht nur ein globales Problem lösen, sondern auch mit Profiten in Millionenhöhe rechnen.🌱


Quellen:

https://docs.european-bioplastics.org/2016/association/EUBP_image_brochure.pdf

https://www.forbes.com/sites/natalieparletta/2019/06/28/could-hemp-be-the-next-big-thing-in-sustainable-cotton-fuel-wood-and-plastic/?sh=3a281dd21c29

John Fike (2016) Industrial Hemp: Renewed Opportunities for an Ancient Crop, Critical Reviews in Plant Sciences, 35:5-6, 406-424, DOI: 10.1080/07352689.2016.1257842

Modi, Ali & Shahid, Rehmatullah & Saeed, Muhammad & Younas, Tanzila. (2018). Hemp is the Future of Plastics. E3S Web of Conferences. DOI: 51. 03002. 10.1051/e3sconf/20185103002.

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/2733.pdf

https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Forschungsdatenbank/fkz_206_67_448_4_umwelthormone_bf.pdf

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Bildquellen

  • Plastik aus Hanf: iStock/Alexandrum79
  • Hanftextilien: iStock/tataks
  • Hanffeld: iStock/FotoMaximum