Sanfter Tourismus in den Alpen
Jedes Jahr zieht es viele Millionen Tagesausflügler und Touristen aus aller Welt in die Alpen. Ob Skifahren, Bergsteigen oder Wandern – Leider sind viele der Aktivitäten des traditionellen Tourismus für den sensiblen Naturraum ungeeignet. Aus diesem Grund erfreut sich der sanfte Tourismus mittlerweile an einer immer größeren Beliebtheit, denn nachhaltiges Verhalten und der Schutz der Umwelt stehen im Fokus vieler Urlauber. Ökotourismus in den Alpen setzt auf ein spontanes, langsames Erleben der Umwelt, im Einklang mit der Natur und einem aktiven Interesse an der Kultur des Landes. In diesem Artikel erklären wir welche Auswirkungen der Tourismus auf den Alpenraum hat und wie verschiedene Urlaubsorte den Wandel zu nachhaltigem Reisen umsetzen.
Wie ist der Tourismus in den Alpen?
In diesem Artikel:
Urlaub in den Alpen wird immer beliebter. So hat Tourismus in den Alpen-Gemeinden zwischen 2000 uund 2019 um rund 40 % zugenommen. Neben Übernachtungsgästen zieht die Region auch viele Tagesgäste an. Trotz regionaler Unterschiede hat sich die Anzahl an Besuchern insgesamt vervielfacht und zur Überfüllung vieler (Wander-)Parkplätze und Urlaubsorte geführt. Obwohl die Gesamtzahl der Gäste kontinuierlich wächst, hat sich die durchscnittliche Aufenthaltsdauer in den vergangenen 25 Jahren jedoch halbiert. Damit hat sich der Auto-Verkehr für vielen Orte am Berg zu einem großen Problem entwickelt. Um die Auswirkungen des Fremdenverkehrs zu lindern, werden in den bayrischen Alpen seit einigen Jahren Staatsstraßenausbaupläne des Bundesministeriums umgesetzt.
Welche Folgen hat der Massentourismus für die Alpen?
Mit der Zunahme des Tourismus in den Alpen entstehen viele Probleme für die Natur und Menschen in der Region. Die Belastungsgrenze für den bayerischen Alpentourismus ist laut Bund Naturschutz bereits überschritten. So muss im Umgang mit Alpentourismus das Thema Nachhaltigkeit zur Priorität werden, um die Bergwelt und seine Traditionen für die Zukunft zu erhalten.
Emissionen durch Fremdenverkehr
Der Ausbau der touristischen Infrastruktur im Alpenraum und die vermehrte Anreise der Urlaubsgäste mit dem Auto, führt zu einem enormen Strom an Fremdenverkehr. Dieser ist nicht nur für rund 75 Prozent der CO2-Emissionen im Alpentourismus verantwortlich, sondern verursacht zudem enormen Verkehrslärm. Dadurch wird die Aufenthalts- und Lebensqualität der Einheimischen und Touristen gemindert. Durch den kontinuierlichen Ausbau der Tourismusbranche im Alpenraum und neue Bauprojekte, wie Straßen, Parkplätze, Hotels, oder Beschneiungsanlagen erreichen Feinstaub, Stickoxid- und CO2-Emissonen regelmäßig gesundheitschädliche Spitzenwerte. Aufgrund der Topographie der Bergwelt ist die Belastung der Umwelt in Tälern deutlich gravierender als im Flachland.
Tourismusentwicklung zerstört die Natur der Alpenstaaten
Massentourismus in den Alpenstaaten führt zu einer irreversiblen Zerstörung der Landschaft und ist eine Bedrohung für in der Region einheimische Tiere und Pflanzen. Vermehrter Eingriff in ihren natürlichen Lebensraum hat für viele Arten zu einer schlechteren Ernährung und einer sinkenden Reproduktionrate geführt. Durch Baumaßnahmen werden zudem große Flächen für Besucher und Wirtschaft erschlossen, die das Landschaftsbild der Berge beinträchtigen. Vor allem Aktivitäten des Wintersport- und Skitourismus sind für die Umwelt besonders schädlich. Aber auch der Sommertourismus, mit vielen künstlichen Attraktionen verursacht einen negativen Klima-Fußabdruck.
Durch die Klimaerwärmung wird die natürliche Schneedeckendauer in den Alpen jeden Winter kürzer. Im Wettstreit mit dem Klimawandel werden jedoch weiterhin Skigebiete und Wintersport-Anlagen mit Schneekanonen, Speicherteichen und Liftanlagen ausgebaut. Diese verbrauchen nicht nur viel Energie sonden müssen durch steigende Nutzungszahlen in den Skigebieten ausgeglichen werden. Viele Skifahrer bedeuten jedoch einen noch intensiveren Betrieb der Lifte und Beschneiungsanlagen. Aber auch andere Freizeitaktivitäten, wie Rodeln oder Tourengehen belasten die Natur. Um die alpine Natur und Landschaft zu erhalten fordert der Bund Naturschutz mehr Investitionen in Natur- und Klimaschutz und eine konsequente Förderung eines naturverträglichen Strukturwandels im Tourismus.
Überlaufene Urlaubsorte werden zu Geisterstädten
Ein zunehmendes Problem stellen auch Zweitwohnungen dar: In einigen Gemeinden stehen rund 30% der Wohnungen einen Großteil des Jahres leer, dies führt nicht nur zu Geisterstädten sondern auch zu erhöhten Immobilienpreisen für die einheimische Bevölkerung. Andererseits führen diese Tourismusformen auch zur Überfüllung einiger Urlaubsorte. So hat die Auslastung der Zugspitze mit ganzjährigem Tourismus einen Teil der Schönheit und Ursprünglichkeit der Urlaubsregion zerstört. Bekannte Urlaubsorte sind überlaufen und leiden massiv unter der Situation, da weder Bewohner noch Besucher Ruhe finden.
Sanfter Tourismus in den Alpen: Natur nachhaltig erleben
Verschiedene Studien im Zusammenhang mit Tourismus in den Alpen zeigen, dass Veränderungen in der alpinen Tourismuswirtschaft dringend notwendig sind. Der Bund Naturschutz weist in einer Studie darauf hin, dass jegliche touristische Entwicklungen in den Alpen negative Auswirkungen auf die Natur haben kann. Um das Reisen in die Berge weiterhin vertreten zu können, müssen nachhaltige Alternativen, wie sanften Tourismus, Ökotourismus und eine Entschleunigung des Reisens zu einen positiven Beitrag zum Schutz der Bergwelt führen.
Der Versuch, die verschiedenen Bedürfnisse im Alltag der lokalen Bevölkerung und der Freizeit der Gäste in Einklang zu bringen, ohne dass die Natur zu stark leidet, muss auch das Verhältnis zwischen Gästebetten und Einheimischen beachten. So kann verhindert werden dass Orte ausserhalb der Saison zu Geisterstädten verkommen.
Im Alpenraum ist Tourismus eine große Einnahmequelle der lokalen Bevölkerung und besitzt zudem bereits stark ausgebaute Infrastrukturen wie Seilbahnen, Skipisten etc. Tourismus ist hier in eine stark entwickelte Konkurrenz in der Marktwirtschaft eingebunden, weshalb ein Übergang zu einem sanfen Tourismus in den Alpen in vielen Regionen zu einer signifikanten Entlastung führen könnte.
Die Sanfter Tourismus wird nicht nur durch strengeren Umweltschutz und Klimaschutz praktiziert, sondern ist auch auf die Initiative der Urlauber angewiesen. Aber auch touristische Anbieter, wie zum Beispiel Hotelketten, sollten beim Thema Nachhaltigkeit Verantwortung übernehmen. Durch Investionen in öffentliche Verkehrsmittel können Urlaubsorte in den Alpen ihren Besuchern mit Zug und Bus sowohl bei der Anreise also auch bei der Mobilität während des Aufenthalts eine echte Alternative zum Auto bieten.
Beispiel: Ökotourismus in der Schweiz
Die Schweiz ist ein Vorreiter in Sachen nachhaltige Entwicklung und hat zahlreiche Maßnahmen zur Förderung des Ökotourismus umgesetzt. Dazu gehören die Nutzung von Wasserkraft, Solarenergie, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Wasseraufbereitungsanlagen, kostenlose E-Bike-Ladestationen, ein ausgedehntes Wanderwegenetz und die Verwendung lokaler Produkte in Restaurants und Hotels. Das Beispiel der Schweiz zeigt, dass es für andere Länder möglich ist, ihrem Beispiel zu folgen und eine nachhaltigere Form des Reisens in den Alpen zu etablieren.
Beispiele und Tipps für Ökotourismus in der Schweiz:
- Öffentliche Verkehrsmittel, wie die Schweizerische Bundesbahnen (SBB) werden mit 90 % Wasserkraft von eigenen Wasserkraftwerken betrieben. So können Touristen erhöhten Auto-Verkehr und den Ausstoß schädlicher co2 Emissionen bei der Anreise vermeiden.
- Die ersten Solar-Liftanlagen der Welt wurden schon 2011 in Tenna in der Schweiz eingeführt. Mit dieser Initiative können einige negativen Auswirkungen beim Alpinskifahren reduziert werden, denn die Lifte produzieren im Betrieb sogar mehr Strom als sie verbrauchen..
- Die Grimselwelt liegt an den Alpenpässen Susten und Grimsel und paraktiziert sanften Tourismus durch ein vielfältiges Angebot an nachhaltigen (Winter-)aktivitäten. So werden besipielsweise geführte Schnee-Wanderungen oder Touren in den Wasserkraftwerken der KWO, die den Menschen das Thema Nachhaltigkeit und erneuerbare Energie näher bringt.
- Langsame Mobilität: Insgesamt hat das Wanderweg-Netzwerk des Landes eine Länge von 65.000 km (1,5-mal die Distanz um die Erde). Hier kann sanfter Tourismus auf 23 nationalen, 151 regionalen und 535 lokalen Routen durch Wandern und andere nachhaltige Freizeitaktivitäten praktiziert werden.
Alpine Pearls – Nachhaltiger Urlaub mit Mobilitätsgarantie
Seit 2006 setzen sich mehr als 25 Gemeinden aus fünf verschiedenen Alpenstaaten in einer Kooperation namens „Alpine Pearls“ ein, um der Gefährdung der Umwelt in den Alpen durch Tourismus entgegen zu wirken. Ein wichtiges Ziel der „Alpine Pearls“ ist die Förderung der Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Jeder Tourist soll die Reiseziele in der Region erreichen können, ohne ein Auto benutzen zu müssen. Die Mitgliedsorte von Alpine Pearl im Alpenraum engagieren sich für nachhaltiges Handeln im Urlaub und machen sich für sanftes Reisen und mobile Tourismuskonzepte ohne PKW-Verkehr stark. Die Initiative der Alpine Pearls bietet eine Mobilitätsgarantie sowohl für die An- und Abreise als auch vor Ort. So werden neben den öffentlichen Verkehrsmitteln auch Shuttle-Taxis, Elektroautos und – Fahrräder sowie Pferdekutschen für eine umfassende Mobilität der Urlauber eingesetzt.
Doch die „Alpine Pearls“ setzen ihren Fokus nicht nur auf nachhaltige Mobilitäts-und Tourismuskonzepte, sondern auch auf den allgemeinen Verzicht von umweltbelastenden Bestandteilen im Tourismus. Dazu gehört beispielsweise die aktive Erhaltung der Natur, die Entwicklung von nachhaltigen Energieversorgungsmaßnahmen aus erneuerbaren Energien sowie die Müllvermeidung. Um Rücksicht auf die regionale Kultur zu nehmen wird in der lokalen Wirtschaft und Gastronomie auf den Verkauf lokaler Lebensmittel und Produkte gesetzt. Es wird eine schwierige Aufgabe bleiben, die Natur mit den Aktivitäten des Menschen in Einklang zu bringen. Die „Alpine Pearls“ sind dem Ziel schon ein Stückchen näher gekommen, den Tourismus für die Umwelt verträglicher zu machen und die Schönheit der Berge für weitere Generationen zu erhalten.
Regionen und Ort der Alpine Pearls
Deutschland: Bad Reichenhall, Berchtesgaden
Italien: Alpe Cimbra, Ceresole Reale, Chamois – La Magdeleine, Cogne, Forni di Sopra, Limone Piemote, Mals, Moena, Moos, Ratschings, Villnöss
Österreich: Hinterstoder, Mallnitz, Weissensee, Werfenweng
Schweiz: Disentis-Muster,
Slowenien: Bled, Bohinj
Beispiel: Sanfter Tourismus Österreich – Urlaub am Weissensee
Der Weissensee in Kärnten ist ein idyllisches Ziel für einen Urlaub, der Natur und sanfte Mobilität verbindet. Im Winter lockt der Weissensee mit ökologisch verträglichen Sportarten wie Eis- und Langlaufen, sowie Rodeln. Im Sommer können Besucher hier Aktivitäten wie Schwimmen, Tauchen, Angeln, Bootfahren, Mountainbiken, Wandern genießen. Im Winter lockt der Weissensee mit ökologisch verträglichen Sportarten wie Eis- und Langlaufen, sowie Rodeln. Der See bietet außerdem 200 km Wanderwege, von denen man an klaren Tagen bis nach Italien und Slowenien sehen kann. Da zwei Drittel der Uferlinie natürlich und unverbaut sind, bietet er mit seinen Badestränden, Spielplätzen und Liegewiesen die perfekte Umgebung zum Entspannen. Durch sanfte Tourismuskonzepte reisen Urlauber mit dem Zug oder Bus an und können auch vor Ort das Naturjuwel der Alpen mit nachhaltigen Verkehrsmitteln erkunden.🌱
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Quellen:
https://www.bund-naturschutz.de/alpen/tourismus
https://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/Bilder_und_Dokumente/Themen/Alpen/Tourismus/BN_Informiert_Tourismus_im_Alpenraum.pdf
https://www.planet-wissen.de/natur/gebirge/alpen/oekotourismus-100.htm
https://www.alpine-pearls.com/ueber-uns/presse/paradebeispiele-fuer-nachhaltigen-tourismus/
https://www.alpine-pearls.com/reiseziele/oesterreich/weissensee/
https://www.austria.info/de/nachhaltigkeit-im-urlaub#drei-grosse-visionen-fuer-ein-nachhaltiges-urlaubsland
Welcome to Grimselwelt
https://www.stv-fst.ch/nachhaltigkeit/nachhaltige-entwicklung/good-practice
Bildquellen
- Sanfter Tourismus Alpen: iStock/Drepicter
- Wintertourismus in den Alpen: iStock/anyaberkut
- Sanfter Tourismus Alpen: iStock/Marina Tobaruela